Es war einmal ein alter, weiser Pilger namens Ekklesius, der viele, viele Jahre durch die Lande zog um von Süden bis Norden und Westen bis Osten die Frohbotschaft unseres HERRN und Erlösers Jesus Christus den Menschen zu verkündigen.
Eines Tages sah er auf seiner Durchreise von weitem eine schöne Kirche. Und da er gerade Zeit hatte ging er den kleinen Umweg um sich diese genauer anzusehen.
Als er endlich ankam sah er aber, dass die Haupttür mit großen, schweren Eisengittern zugesperrt war. Er ging noch einmal um die Kirche herum und siehe da, am hinteren Teil der Kirche war noch eine kleine, sehr unscheinbare Tür. Dort hoffte er hinein zu kommen, und in der Tat ließ sie sich auch öffnen. Aber wie enttäuscht war er als er sah, dass diese nur in einen winzigen Raum führte, an deren Mauer ein längliches Loch war, nicht größer als da vielleicht ein Kinderkopf hindurchgepasst hätte. Man sah auch die Schmutz- und Kratzspuren an der Wand, wohl von den Schuhen der Kinder stammend, die von den Eltern hochgehoben wurden um durch dieses kleine Loch schauen zu können. Denn durch diesen Schlitz konnte man die prunkvolle Ausstattung der Kirche erahnen, aber es bot sich weder ein Platz zum Sitzen noch eine freundliche Umgebung um innezuhalten. Tief traurig ging Ekklesius aus dem alten, feuchten Gemäuer nach draußen und roch das frische Gras der friedlichen Natur.
Doch noch in der selben Nacht hatte er einen Traum und in diesem erschien ihm eine Frau, die so unglaublich schön war von Angesicht und Gestalt, dass er nur noch atemlos staunen konnte!
Aber da war eine Stimme, die sprach: Ekklesius, Ekklesius, sieh genau hin!
Da sah er, wie sich diese Frau abwandte und es schien viel Zeit ins Land zu gehen. In der rechten Hand hielt sie dabei fortwährend ein Buch, das sie nicht öffnete, in der linken aber einen wunderschönen, silbernen Becher. Und obwohl ein lieblicher Jungbrunnen immer wieder ihre Wege kreuzte, trank sie nicht daraus und obwohl ihr Becher leer war, schöpfte sie nicht daraus. Somit schien sie älter und älter zu werden und immer gebrechlicher. Am Ende aber verschwand der Becher aus ihrer Hand und das Buch wurde zu einer spitzen Wurfschaufel, mit der sie eifrig die Quelle zu verbergen suchte, die doch so lieblich ihre Wege kreuzte.
Als sie sich endlich umwandte, sah sie steinalt aus und ihr Gesicht war wütend und hässlich! Aber da waren Menschen, die schienen sich nicht daran zu stören, die riefen immerzu: „Hat sie nicht die schönste Stimme aller Frauen dieser Welt?“ Und damit endete der Traum.
Ekklesius war tief erschüttert und verwirrt über das Gesehene und eine heilige Scheu überfiel ihn und er fragte sich, was das wohl zu bedeuten habe und schlief schließlich zum zweiten Mal ein.
Wieder träumte er und hörte die selbe Stimme aber diesmal in der Gestalt eines Engels, die zu ihm sprach: „Hast du genau hingeschaut?“
Er aber fiel auf die Knie und rief unter Tränen, ja, das habe ich! Aber was hat das zu bedeuten, denn ich bin zutiefst erschüttert und traurig über das Gesehene!
Da erschien die Kirche vor seinen Augen, die er am Vortag gesehen hatte und alles was er erlebt hatte, war lebendig vor seinen Augen und der Engel sprach, siehe die Bedeutung deines Traumes: Die schöne Frau, die das Angesicht des Himmels in sich trug, ist die Kirche unseres Herrn Jesus, voller Weisheit, Liebe und Lebendigkeit, ihre Abwendung ist die Abwendung vom Herrn, der silberne Becher, der noch vorhandene Zugang zur Weisheit, das verschlossene Buch, ist das Wort Gottes, die lebendigen Quellen, die Zeugen Jesu zu allen Zeiten die sie ablehnt, das Vergraben der Quelle mit dem Buch in ihrer Hand bedeutet schließlich, das auslöschen des inneren Sinnes der Schrift mit dem äußeren Sinn, die alte Frau, die hässlich und unbeweglich wurde bedeutet die Kirche, die kaum noch Leben in sich trägt, ihre liebliche Stimme ist der äußerliche Gottesdienst der schönen Worte, den sie allein bewahrt.
Folgendes aber gehört zur Welt und hast du daher gesehen in der Welt:
Die verschlossene Tür der Kirche ist das Bewahren der Zeremonie ohne Einfluss zuzulassen, die kleine Tür am hinteren Ende der Kirche ist der äußere Gottesdienst, der kleine Raum darin das Wenige, das von der geistigen Kirche geblieben ist, das längliche Loch darin bedeutet, dass die Wahrheiten nur noch erahnt werden aber der Zugang nicht mehr möglich ist. Die Schmutz- und Kratzspuren der Kinder, dass nur noch Menschen mit einem sehr einfachen Gemüt davon zu leben versuchen. Das sind schließlich auch jene, die rufen: „Hat sie nicht die schönste Stimme aller Frauen dieser Welt?“
Da erwachte ich von diesem Traum und in meinem Mund war es ganz süß und in meinem Magen bitter, ganz so wie geschrieben steht in Hesekiel 3,1-3 und auch in der Offenbarung 10,10: „Und ich nahm das Büchlein aus der Hand des Engels und verschlang’s. Und es war süß in meinem Mund wie Honig, und als ich’s gegessen hatte, war es mir bitter im Magen“.
Kommentar zur Geschichte:
Es gibt so viele Christen die das Wort Gottes ständig im Mund führen und aussprechen, dass Jesus der Herr ist. Aber glauben sie auch in ihrem Herzen, dass er wirklich der EINE Gott ist? Oder denken sie dabei an den Vater und dass er den Sohn gesandt und hingegeben hat für die Sünden der Menschen? Also an einen Gott und seinen Sohn. Irgendetwas zwischen Gott und Mensch scheint dieser Sohn somit zu sein. Er gehört zum Vater aber Gott der Allmächtige ist EINER, wie es so nachdrücklich in der Bibel steht und geglaubt werden soll. Also wird Jesus im Außen Gott genannt aber innerlich doch nicht so geglaubt. Insofern bleibt die eigentliche Instanz der Vater. Lieber spricht man also den Vater direkt an und nicht den Sohn allein. Jedenfalls gibt es zumindest zwei Instanzen wenn nicht drei, mit dem Hl. Geist, die man so in Gott ansprechen kann und soll.
Für jeden, der das Wort Gottes so buchstäblich auslegt, kann es kaum anders sein. Die Gedanken wandern von einer Instanz zur anderen. Immer in sich geteilt und gespalten. Es muss sich ganz so anfühlen wie wenn man ein Buch essen würde, mit allem drum und dran. Dass Papier im Munde süß ist, ist nämlich tatsächlich wahr. Aber ebenso wahr ist auch, dass es wohl sehr bitter sein muss im Magen. Es kann ja praktisch auch nicht verdaut werden. – Ebenso wenig wie dieses in sich widersprüchliche Gottesverständnis.
Ich sehe viele Christen mit dieser Bitternis im Magen. Viele sind dadurch auch schon ganz verbittert und doch essen sie weiter nur mit dem Mund anstatt innerlich mit dem Geist aufzunehmen. Und so tragen sie fortwährend das Wort in ihrem Mund und kauen daran herum wie an einer äußeren Schale. Paulus sagt, dass diese Art das Wort Gottes zu essen nicht nur unverdaulich, sondern sogar tödlich ist. Er sagt: „Der Buchstabe tötet, der Geist ist es, der lebendig macht.“
Dass es tödlich sein kann ein Buch zu essen, ist vielleicht ganz gut nachvollziehbar, aber Paulus geht mit dieser Wahrheit noch einen entscheidenden Schritt tiefer. Er sagt, die buchstäblich Art das Wort Gottes auszulegen tötet sogar die Fähigkeit und den Zugang, das Wort Gottes innerlich und geistig zu verstehen. So dass der Buchstabensinn ein Eigenleben bekommt und weg führt vom inneren und geistigen Sinn und somit auch den Glauben verfälscht, verkehrt und damit tötet!
Genau das ist mit der Christenheit passiert. Sie führt mehr den je das Wort Gottes im Mund aber der innere, geistige Sinn wird dabei überhaupt nicht mehr erfasst. Sonst wäre das urchristliche Verständnis von Gott und dass Jesus Christus die sichtbare Seite des EINEN und alleinigen Gottes ist, in der Tiefe erkannt und bliebe kraftvoll, lebendig und machtvoll erlösend! Und SEIN Geist würde wahrlich in alle Weisheit führen und in die unaussprechlichen Geheimnisse die im Wort Gottes verborgen liegen wovon es heißt: Dass eine Tiefe die andere ruft!
In der Kirchengeschichte und ihrer Dogmatik wurde hingegen ein anderer Weg gegangen. So historisch wie möglich und so geistig wie nötig, wurde es dort zur Devise. Profan und geistlos oft die Auslegung und deren Ableitungen. Eine regelrechte Zumutung oft für jeden wachen und reifen Geist. Und dennoch prägt dieses Dogma der buchstäblichen Auslegungsart nach wie vor alle Kirchen und Freikirchen bis auf den heutigen Tag!
Nur vereinzelt gab es zu aller Zeit auch die wahren Apostel Gottes. Wache und reife Geister, die ehrlich suchend waren. Aber sie wurden, wie zu aller Zeit, verfolgt, verleumdet und verspottet.
Zuletzt lehnten sie auch Emanuel Swedenborg ab. Er wurde der Kirche zum Schluss gesandt und offenbarte den inneren Sinn der Heiligen Schrift wieder, aber keiner mehr erkannte es. Denn die Liebe ist bei den Vielen erkaltet.
lebenslebendig